Die Einführung eines einheitlichen Pflegeinstruments in der Schweiz ist ein äusserst wichtiges und viel diskutiertes Thema. Das Hauptziel dieser Initiative besteht darin, die Erfassung des Pflegebedarfs zu standardisieren und gleichzeitig die Effizienz im Gesundheitswesen zu steigern. Obwohl konkrete Schritte und Zeitpläne noch ausstehen und weitere Diskussionen sowie Analysen erforderlich sind, lassen sich für die Heime auch Chancen aus der Umstellung ableiten.
Angelehnt an die Publikationen von BESAQSys[1] haben wir die wichtigsten Eckwerte zusammengefasst:
Zu Beginn des Jahres 2023 unternahm ARTISET einen bedeutsamen Schritt, indem sie den Vorschlag einbrachte, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren interRAI LTCF (Long-Term Care Facilities) als nationales Einheitsinstrument (EHI) zur Erfassung des Pflegebedarfs zu etablieren.
Bis Ende April 2023 wurden umfangreiche Verhandlungen mit verschiedenen Interessengruppen geführt,
darunter die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK), die Verbände der Krankenversicherer und senesuisse. Die Ergebnisse dieser Verhandlung zeigen ein deutliches Interesse an der Einführung von interRAI LTCF als nationales Einheitsinstrument, brachte jedoch auch einige Herausforderungen und Fragen zum Vorschein. Diese Herausforderungen umfassen die Erfassung komplexer Situationen wie Demenz und Palliativpflege sowie die Gestaltung einer Übergangsfrist. Dabei war die Schaffung einer effektiven Schnittstelle zwischen Pflegeeinrichtungen und Krankenversicherern von Bedeutung, ebenso wie die Aspekte des Datenmanagements.
Eine Expertengruppe soll nun die offenen Fragen klären und die erforderlichen Grundlagen für die Einführung eines EHI schaffen.
Wichtig ist zu betonen, dass die Kantone nach wie vor die Befugnis haben zu entscheiden, welche Instrumente zur Ermittlung des Pflegebedarfs sie zulassen, bis ein landesweites Einheitsinstrument implementiert wird. Einige Kantone haben bereits Interesse bekundet, interRAI LTCF auf kantonaler Ebene einzuführen. Dazu gehören Zürich, Zug, St. Gallen, Aargau, Baselland, Bern und Fribourg. Die Entscheidung für die Einführung eines einheitlichen Instruments steht auf Bundesebene
noch aus.
Doch was bedeuten all diese Entwicklungen nun für die Alters- und Pflegeheime?
Die Umstellung von BESA auf das RAI-System (Resident Assessment Instrument) in der Pflegebranche birgt zweifellos einige Herausforderungen. Diese Herausforderungen umfassen die Schulung des Pflegepersonals, die Anpassung von Dokumentationssystemen. Diese Herausforderungen sind jedoch auch mit Chancen verbunden, die Pflegeprozesse zu optimieren und die Effizienz im Pflegebereich zu steigern.
Die Umstellung auf das RAI-System sollte in Bezug auf die Pflegestufen keine finanzielle Belastung darstellen, da beide Systeme durch eine Zeitstudie harmonisiert wurden. Die finanziellen Auswirkungen der Umstellung auf das RAI-System können beträchtlich variieren und hängen oft von der Grösse der Pflegeeinrichtung ab. Sie umfassen typischerweise einmalige Kosten für den Erwerb von Softwarelizenzen und die Schulung des Personals, sowie laufende jährliche Betriebskosten. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass diese Umstellung nicht nur finanzielle Auswirkungen hat, sondern auch die Gelegenheit bietet, bestehende Prozesse und die damit verbundenen Personalstrukturen zu überdenken.
Der Einstufungsprozess in Langzeitinstitutionen ist oft äusserst komplex und erfordert die Zusammenarbeit mehrerer Mitarbeiter. Dies gilt unabhängig davon, ob die Einrichtung das RAI- oder BESA-System verwendet. In vielen Pflegeeinrichtungen sind derzeit spezialisierte Experten für BESA oder RAI im Pflegestab tätig, um die Genauigkeit der Pflegebedarfseinstufung sicherzustellen.
In diesem Kontext erkennt die Keller Unternehmensberatung AG für die Heime eine bedeutsame Gelegenheit, den Prozess der Pflegebedarfseinstufung zu optimieren und effizienter zu gestalten. Beispielsweise könnte in dem Zusammenhang überprüft werden, wie zukünftig der Einstufungsprozess im Haus organisiert werden soll. Denkbar ist der Einsatz von entsprechenden Expertinnen und Experten an der Pflegebasis.
Eine andere Möglichkeit könnte die Zentralisierung sein oder auch die Kombination mit Kompetenzen auf
unterschiedlichen Ebenen. Ob zentralisiert oder dezentralisiert, im Pflegestab oder auf der Basisebene, die
Umstellung bietet die Gelegenheit, die Prozesse zu evaluieren und mit dem Ziel der Vereinfachung und Effizienzsteigerung zu überdenken.
Die Evaluierung des Prozesses wird mit dem neuen RAIsoft.net schon jetzt geebnet. Auch für BESA gibt es
eine neue Variante.
Die Umstellung auf das RAI-System ist zweifellos eine anspruchsvolle Aufgabe, die sorgfältige Planung und Vorbereitung erfordert. Umso mehr empfiehlt sich dies auch gleich als Chance zu nutzen, um die Qualität der Pflege zu verbessern, Ressourcen effizienter einzusetzen und die Zusammenarbeit zwischen den Heimen und Kassen zu verbessern. Die Umstellung ist daher neben einem technischen vor allem ein Organisationsprojekt, welches sich empfiehlt sorgfältig zu planen, um Erträge zu sichern und gleichzeitig die Effizienz rund um die Einstufung und Dokumentation zu erhalten oder gar zu verbessern.
[1] Quelle: https://www.besaqsys.ch/de/zwischenbericht-pflegebedarfsermittlung-auf-dem-weg-zu-einem-einheitsinstrument