Vieles in der Arbeit passiert intuitiv gut und erfolgreich. Gerade auch mit dem weiter zunehmenden Fachkräftemangel braucht es aber auch eine gut vorbereitete und langfristige strategische Ausrichtung.
Heute verfügen die meisten Unternehmen über eine geschriebene Unternehmensstrategie. Etwas weniger oft mündet die Unternehmensstrategie auch in eine HR-Strategie.
Die Aufgabe der HR-Strategie
In der HR-Strategie wird die langfristige Ausrichtung als Arbeitgeberin definiert. Welche Rolle hat das HR innerhalb des Unternehmens (Mission), welche langfristigen Ziele oder Idealzustände (Vision) werden als Arbeitgeberin angestrebt und welche Massnahmen werden orchestriert inszeniert, um die Unternehmensziele zu erreichen?
Finanzieller Druck und der Kampf um Fachkräfte
Die finanziellen Mittel werden vor allem auch in der Gesundheitsbranche immer weniger und gleichzeitig steigt der Kampf um Fachkräfte. Der Kampf um Fachkräfte hat aber nicht zwingend mit finanziellen Investitionen zu tun. Entscheidend sind eine langfristige und nachhaltige Strategie und das konsequente Umsetzen der Zielsetzungen.
Die Personalstrategie der Spitex Nidwalden
Die Spitex Nidwalden hat vor 3 Jahren ihre Personalstrategie entwickelt und arbeitet entsprechend an deren Umsetzung. Dazu durften wir mit dem Geschäftsführer der Spitex Nidwalden, Walter Wyrsch, ein Interview führen:

Herr Wyrsch, seit wann verfügen Sie über Ihre Personalstrategie?
Vor fünf Jahren haben wir uns vertieft mit der demografischen Entwicklung im Kanton befasst. Daraus wurde ein eigentlicher Strategieprozess gestartet – mit der entsprechenden Teilstrategie für den Personalbereich. Wir setzen sie nun im dritten Jahr um.
Was war für Sie Anstoss eine Personalstrategie zu erarbeiten?
Der Bedarf nach einer Personalstrategie ergab sich aus Notwendigkeit: Wir stellen eine starke Zunahme bei der Anzahl Menschen über 80 Jahre fest und aus dieser Gruppe stammen viele unserer Kundinnen und Kunden. Dieses Wachstum zu bewältigen war für uns Anstoss zu einer eigentlichen Personalstrategie.
Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Mit den üblichen Instrumenten und Analysen haben wir uns zu positionieren versucht und dann unseren Plan festgelegt.
Als ein Detail erwähne ich unsere beschränkten Möglichkeiten bei den Löhnen – wir können zwar im innerkantonalen Vergleich mithalten, in der Zentralschweiz haben wir allerdings zu einzelnen Betrieben in der Stadt Luzern oder auch im Kanton Zug keine Chance zu diesen aufzuschliessen. Also haben wir uns vorgenommen, dass wir in Sachen Weiterbildung eine Spitzenposition einnehmen wollen. Hier haben wir uns im regionalen Markt einen sehr guten Platz erarbeitet.
Ein weiterer Punkt ist die explizite Ausrichtung auf Wiedereinsteigerinnen und natürlich auf Rückkehrerinnen nach einem Mutterschaftsurlaub. Hier haben wir einen lokalen Markt, den wir mit einem gewissen Vorsprung auf andere Betriebe bearbeiten. Hier haben wir in der Konsequenz einen eigenen Wiedereinsteigerinnen Kurs konzipiert, den wir nun zum vierten Mal durchführen. Das hat uns im Markt gestärkt und der Kurs hilft uns, Leute zu finden.
Und dann ist da noch die Ausbildung: Wir haben in den Letzten Jahren unsere Ausbildungsplätze von 5 auf 23 ausgebaut. Je hälftig HF Pflege und FaGe. Bis in zwei Jahren wollen wir uns bei etwa 25 Ausbildungsplätzen einpendeln. Das ist absolut notwendig, um die heutigen geburtenstarken Jahrgänge, die in der Pflege noch gut vertreten sind, zu ersetzen – in den nächsten 4 bis 5 Jahren gehen da in vielen Betrieben, auch bei uns, einige Mitarbeitende in den Ruhestand.
Was ist mit der Personalstrategie anders geworden?
Zuerst haben wir nun seit drei Jahren keine Leute mehr über ein «Kopfägerbüro» rekrutieren müssen und waren auch nicht mehr auf Personalausleihe angewiesen.
Unsere Vorstellung oder unser Plan ist aufgegangen. Wir konnten in den letzten drei Jahren je einen Drittel der wachstums- und fluktuationsbedingten Stellen über die Anstellung eigener Lernender, die Gewinnung von Wiedereinsteigerinnen und Rekrutierungen auf dem Markt vornehmen.
Wie sind Ihre Erfolge und auf was sind Sie besonders stolz?
Stolz hat meiner Ansicht nach in der Führung nichts verloren, wir freuen uns zusammen, dass wir uns als Betrieb im Markt gut positionieren konnten. Das er reichen eigentlich unsere 170 Mitarbeitenden und nicht ich!
Würden Sie heute etwas anders machen?
Wir sind aktuell an einer gründlichen Überarbeitung unserer strategischen Positionierung. Dabei werden wir mit denselben Instrumenten arbeiten wie vor fünf Jahren.
Allerdings ist die Zeit eine völlig andere! Aktuell erleben wir in der Führung die «Chronifizierung des Pandemiezustandes» und diese erfordert von uns andere Führungsinterventionen als noch im Frühjahr beim Lockdown. Das und die gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie werden unserekünftige Personalstrategie deutlich beeinflussen.
In diesem Sinne ist das Vorgehen gleich. Die Strategie und unsere Pläne sind es, der neuen Zeit geschuldet, nicht mehr.
Herr Wyrsch, vielen Dank für Ihre interessanten und umfassenden Ausführungen. Wir wünschen Ihnen in der weiteren Umsetzung Ihrer Personalstrategie viel Freude und Erfolg.