Die Stiftung Regionales Alters- und Pflegeheim Frenkenbündten macht sich in einem 2022 angestossenen Change-Prozess fit für die anstehenden Herausforderungen. Andreas Eggimann, Geschäftsführer, gewährt einen Einblick in den noch laufenden Change Prozess.
Interview mit Andreas Eggimann, Geschäftsführer
Was waren die wichtigsten Treiber für die Einleitung des Change-Prozesses in der Stiftung Frenkenbündten?
Drei Faktoren waren die Haupttreiber für einen erfolgreichen Change:
Die Modernisierung der Governancestrukturen
Der erste wichtige Mosaikstein für das neue Bild des Frenkenbündten war sicher die neue Governance. Das Frenkenbündten wurde strategisch 40 Jahre erfolgreich von politisch durch die Stiftergemeinden geprägten Aufsichtsgremien begleitet. Die Heimkommission (8 Mitglieder) hatte dabei die Rolle der Aufsicht über die operativen Belange. Der Stiftungsrat (19 Mitglieder) jene über die strategische Ebene. In einem von der Keller Unternehmensberatung AG begleiteten Prozess unter der Führung der Stiftungsratspräsidentin Beatrice Sulser und mit Unterstützung der Stiftergemeinden, wurde die Governance agiler und den fachlich wachsenden Anforderungen entsprechend neu gestaltet. Heute nimmt der neu aufgestellte Stiftungsrat mit sieben Mitgliedern, welche zu den jeweiligen Ressorts einen grossen fachlichen Rucksack mitbringen, die gesamte Aufsicht und strategische Führung wahr.
Eine anspruchsvolle wirtschaftliche Situation
Das Frenkebündten besitzt glücklicherweise eine robuste Eigenkapitalbasis. Aber die Ergebnisse der Betriebsjahre 2021 und 2022 sowie auch das Halbjahres ergebnis 2023 haben klar gezeigt, dass die Ertrags- und Kostenstruktur einer intensiven Prüfung unterzogen werden muss, um auch künftig mit hohem Qualitätsanspruch die Mittel für den langfristigen Erhalt des Frenkenbündten zu erarbeiten. Sehr hilfreich waren dabei die Daten des HEBES Benchmarks und die Unterstützung bei deren Interpretation durch die Firma Keller Unternehmensberatung AG. Dies hat dem neuen Stiftungsrat und mir als neuem Geschäftsführer geholfen, die relevanten Treiber zu identifizieren und ein mehrstufiges Massnahmenpaket mit einigen anspruchsvoll zu kommunizierenden Initiativen auf den Weg zu bringen. Damit ist es uns gelungen, den Turn – around zu erreichen.
Ein Generationenwechsel in der Führung
Der aufgrund von Pensionierungen anstehende Wechsel des Geschäftsführers und in der Geschäftsleitung bei Pflege und Betreuung und in der Hotellerie sowie eine Neuausrichtung in der Kaufmännischen Leitung, stand ein Generationenwechsel an. Wir haben ein «window of opportunity» erkannt, welches uns erlaubt, gemeinsam mit den erfahrenen, bestehenden Verantwortlichen und Mitarbeitenden Themen wie Prozesse und Kommunikation neu zu diskutieren und zu interpretieren. Das schafft den Boden für Neues, ohne den Wert des Bestehenden zu verlieren.
Welche Ziele verfolgt die Stiftung mit diesem Change-Prozess?
Es gibt zwei Hauptebenen. Zuerst die Entwicklung der Kultur. Der Weg führt uns in Richtung weniger Hierarchie, mehr Eigenverantwortung, positiver Feedbackkultur und proaktiver interdisziplinärer Zusammenarbeit. Darauf aufbauend folgt die Optimierung der wirtschaftlichen Ebene mit dem Ziel, den hohen Qualitätsstandard für unsere Bewohnenden und Mitarbeitenden effizient weiterzuentwickeln zur langfristigen Sicherung der Institution und damit des Stiftungsauftrags.
Wie wurden die Mitarbeitenden in den Change-Prozess eingebunden?
Taten sprechen mehr als Worte. Ein Changeprozess, der mitgetragen wird, basiert auf Inklusion und Kommunikation. Dies verfolgen wir konsequent. Dies zeige ich gerne am Beispiel des Projektes Pflege 2024+ auf. Im Bereich Pflege wurde im Herbst 2023 das Projekt Pflege 2024+ gestartet. Auftrag dieses Projektes ist es, die Handlungsfelder zu identifizieren und Vorschläge für die zukünftige Struktur und Prozesse zu erarbeiten, die uns fit machen für die kommenden Herausforderungen. Daran beteiligt waren von Beginn Vertreterinnen aller Berufskategorien der Pflege und aller Teams von der Pflegeassistenz bis zur Pflegeexpertin. Daraus ist eine Roadmap entstanden, die Themen wie die Verschlankung des Rapportwesens, Verflachung der Hierarchie, interdisziplinäre Berufsbildung aber auch neue Arbeitszeitmodelle umfassen. Es wird nicht nur diskutiert, sondern auch agil umgesetzt. Das Rapportwesen wurde im Februar stark optimiert und wird zurzeit evaluiert und die flacheren Hierarchien sind ab Juni 2024 in Kraft. Dieser Prozess hat auch gezeigt, dass wir für die neue Leitung Pflege und Betreuung nicht zwingend einen externen Impuls brauchen, sondern dass wir in der guten Lage sind, mit einer internen Nomination den Drive aber auch die Akzeptanz zu erhalten, die wir brauchen. Dieser Erkenntnis ist der Stiftungsrat gefolgt und hat sich dabei unter anderem auch auf die Expertise des Projektcoaches der Keller Unternehmensberatung AG abgestützt.
Auch bei der Neubesetzung der andern Mitglieder der Geschäftsführung sind wir einen inklusiven Weg gegangen. Obwohl der Stiftungsrat für die Wahl der Geschäftsleitungsmitglieder verantwortlich ist, haben die Peers und Direktunterstellten im Rekrutierungsprozess die Gelegenheit erhalten, sich ein Bild von den Shortlist-Kandidierenden zu machen und jeder/jede hatte ein Vetorecht in Bezug auf die Nomination zu Handen des Stiftungsrates. Seit April ist nun die auf vier von fünf Positionen veränderte Geschäftsleitung bei der Arbeit und konnte mit einem Akzeptanzbonus starten. Neben der Pflege folgen weitere Projekte in der Hotellerie und Administration, bei denen wir ebenfalls eine aktive Integration des vorhandenen Know-hows in den Change leben werden.
Welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung des Change-Prozesses?
Gewachsene, langjährig stabile Strukturen benötigen einen Impuls, um einen Richtungswechsel einzuleiten. Dabei liegt die Herausforderung für alle Führungsrollen in der Kommunikation, aber auch in den täglichen Begegnungen. Es gilt die Teammitglieder abzuholen, vorzuleben, auf dem Weg mitzunehmen und damit Tempo aufzunehmen, ohne ihnen das Gefühl zu geben, dass alles «alte» schlecht war oder die Sicherheit verloren geht. So gelingt es auch anspruchsvolle Themen wie Nachwirkungen einer Fusion mit einem anderen Heim, die betriebswirtschaftlich nötige Schliessung einer Aussenwohngruppe oder punktuelles Outsourcing von Leistungen voranzubringen, ohne die Mitarbeitenden auf dem Weg zu verlieren.
Welche Learnings ziehen Sie aus diesem Change-Prozess für zukünftige Veränderungsprojekte?
Wir haben als Organisation gelernt, dass Jede und Jeder ein wichtiger Teil des Ganzen ist. Wir werden uns in unseren künftigen Entwicklungsschritten weiter an eine agile Methodik anlehnen, ohne diese mit starren Rollen und Prozessen zum Dogma zu erheben. Sozusagen «agile light». Mit Iterationen streben wir klar definierte Wirkungsziele entlang einer vom Stiftungsrat getragenen Roadmap basierend auf der Strategie bis 2030 an. So kommen wir Schritt für Schritt zum Erfolg.
Warum war es der Stiftung wichtig, dass die Lösungen und Optimierungen im Bereich der Pflege von den Pflegemitarbeitenden selbst entwickelt werden?
Das Projekt Pflege 2024+ war ein Ventil, um das geballte Know-how in den Teams zu nutzen und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Veränderung verstanden und getragen wird. Auch ist dieser Ansatz gerade in einem sozialen Berufsumfeld ein effektiver Weg, um auch die emotionale Ebene abzuholen. Das beugt dem «not invented here»-Phänomen vor, welches bei Top-down verordneten oder gar auf dem Reissbrett von externen Beratern entworfenen, oft in der Sache richtige Changes, zum Scheitern bringt, weil viel Energie an Blockaden vernichtet wird. Auch sind wir so in Summe deutlich schneller und effizienter.
Welche Rolle spielte die externe Beratungsperson im Change-Prozess?
Die Keller Unternehmensberatung AG uns entlang des gesamten, übergeordneten Changeprozesses sowie in spezifischen Projekten unterstützt. Mit verschiedenen, in Bezug auf das Know-how spezifisch auf die Mandate abgestimmten Spezialisten, konnten wir jeweils die intern vorhandene Kompetenz ergänzen:
• Erneuerung der Governance
• Fusion mit dem WPH Am Weiher Bubendorf, welches in die Stiftung des Frenkenbündten auf – genommen wurde
• Betriebswirtschaftliche Situationsanalyse mit der Identifikation der relevanten Hebel
• Rekrutierung von Geschäftsleitungsmitgliedern
• Projektleitung Strategieentwicklung «Strategie 2030»
• Prozessbegleitung und Coaching des Projektes Pflege 2024+
Wir haben diese Partnerschaft als sehr wertvoll und zielführend erlebt und werden auch künftig gerne für anspruchsvolle Fragestellungen rund um die Führung unseres Hauses mit der Keller Unternehmensberatung AG zusammenarbeiten.
Besten Dank für Ihre Ausführungen und viel Erfolg bei der weiteren Umsetzung.