Rechtsformänderung als nötiger Schritt in eine agilere Zukunft

Die Wünsche der alternden Gesellschaft im Bereich Wohnen und Pflege verändert sich rasant. Die unterschiedlichsten Wohn- und Betreuungsangebote im Altersbereich werden stetig mehr und mehr. Herausgefordert sind in erster Linie Alters- und Pflegeinstitutionen von Gemeinden und Städten. Also Institutionen mit einer öffentlich-rechtlicher Rechtsform. Diese sind vielfach in den politischen Prozess eingebunden und dadurch träge. Viele Gemeinden überlegen sich eine Ausgliederung, zum Beispiel die Gemeinde Rafz im Kanton Zürich.

Alters- und Pflegeheim Peteracker, Foto: Stephan Kunz

Rafz ist im Zürcher Unterland gelegen, zwischen dem Rhein und der Landesgrenze zu Deutschland. Gegen 4600 Menschen leben hier. Das Alters- und Pflegeheim Peteracker, ein Heim der politischen Gemeinde Rafz, beherbergt 42 Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Rafzerfeld und den anliegenden Schaffhauser Gemeinden Rüdlingen und Buchberg.

Die Liegenschaft ist in die Jahre gekommen. Sie bietet Einzelzimmer mit Dusche und WC. Diese sind rund zwanzig Jahre alt. Aber es gibt auch sehr kleine Zimmer ohne Dusche und WC. Diese sind vierzig Jahre alt. Es fehlt an vielem. Zum Beispiel fehlt eine Demenzwohngruppe. Ein Versuch, solch eine zu bauen, wurde vor über zehn Jahren an der Gemeindeversammlung verworfen. Zu teuer. Falscher Standort. Und überhaupt: ist das nötig? Heute, zehn Jahre später, wissen wir, wie nötig dies gewesen wäre.

Nicht wenige Heime und Institutionen mit einer ähnlichen Geschichte gibt es noch in der Schweiz. Vielfach gehören sie politischen Gemeinden und Städten. Sie werden geführt von einer politischen gewählten Sozialbehörde oder Heimkommission.

Struktur und Bau folgen Strategie
Der unausweichliche Entwicklungsdruck veranlasste den Gemeinderat Rafz im Jahr 2017, eine grundsätzliche Analyse an die Hand zu nehmen. Streng nach dem Grundsatz «Struktur und Bau folgen der Strategie» wurde eine breit angelegte Marktanalyse und einen Strategieprozess gestartet. Dies erfolgte partizipativ mit verschiedensten Anspruchsgruppen von Rafz: Alte, Junge, Parteien und Kirchen, im Peteracker Wohnende und Leute aus dem Dorf.

Zukünftige Strategie und Ausgliederung
Ende 2018 verabschiedete der Gemeinderat die neue Altersstrategie Rafz, welche sich auf zwei Säulen stützt: Die ambulanten Angebote im Dorf und die stationären Angebote auf dem Areal Peteracker. Zu letzterem zählen die stationäre Pflege, die stationäre Demenzbetreuung, die Palliativ-Pflege und das Wohnen mit Service. Das Wohnen mit Service löst vom Angebot her das frühere Altersheim ab. Heute und in Zukunft steht das Wohnen in den eigenen vier Wänden mit 24-Stunden-Unterstützung im Zentrum. Der grosse Renovationsbedarf im Liegenschaftsbereich des Pflegeheimes, begründet aus Unterlassungen in der Vergangenheit, und die neue gesellschaftliche Ausrichtung im Altersbereich, bedingten grundlegende Investitionen auf dem Areal Peteracker, welche heute umgesetzt werden müssen.

Abbildung: Altersstrategie Rafz, Grafik: Stephan Kunz

Gleichzeitig strebte der Gemeinderat Rafz eine Ausgliederung des Alters- und Pflegeheims Peteracker in eine eigenständige Trägerschaft an. Damit soll sichergestellt werden, dass dringend nötige Renovationen und Erweiterungen umgehend und eigenständig in Angriff genommen werden können. Durch eine Ausgliederung werden die Gemeindefinanzen nicht zusätzlich mit den bevorstehenden Investitionen belastet. Zudem gewinnt das APH durch die Ausgliederung aus der Politischen Gemeinde Rafz grössere betriebliche Flexibilität und ist dadurch für die laufenden Veränderungen im Gesundheitswesen besser gerüstet. Eine eigenständige Trägerschaft ermöglicht angepasste Strukturen und schnellere Entscheidungswege. Die Professionalität und Konstanz auf Verwaltungsratsebene (heute Sozialbehörde) stärkt die zukünftige operative Ausrichtung der Institution. Dies liegt auch im Interesse der Gemeinde, der Rafzer Bevölkerung sowie der Bewohnerinnen und Bewohner des Peterackers.

Gemeinde Rafz bleibt trotz Ausgliederung Eigentümerin
Die Gemeinde wollte in jedem Fall Eigentümerin der neuen Trägerschaft bleiben, um die Geschicke des Heimes auch in Zukunft bestimmen zu können. Damit sollte auch sichergestellt werden, dass die Wertschöpfung von Bau und Betrieb in der Region bleibt.

Drei Arbeitsgruppen bis zur Volksabstimmung
Im Jahr 2019 bestätigten die Einwohnenden von Rafz an einer Gemeindeversammlung die Altersstrategie und bewilligten verschiedene Kredite mit dem Auftrag, dass drei Teilprojekte die Umsetzung im Detail abklären sollten.

Teilprojekt zukünftige Rechtsform
In einem ersten Schritt wurden verschiedene öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Rechtsformen mit eigener Rechtspersönlichkeit für den Betrieb eines Alters- und Pflegeheims einander gegenübergestellt. Nach der einhelligen Auffassung des Gemeinderates und der Arbeitsgruppe Rechtsformprüfung verdient die gemeinnützige Aktiengesellschaft den Vorzug. Die Organisationsform ist flexibel und kann im Rahmen der Vorgaben der Gemeinde und des Gesetzes auf die Bedürfnisse des APH Peteracker massgeschneidert werden. Sie ist einfach an veränderte Verhältnisse anpassbar.

Teilprojekt bauliche IST-Analyse und Machbarkeitsstudie mit Kostenschätzung
In diesem Teilprojekte wurden die bauliche IST-Analyse, ein detailliertes Raumprogramm mit Volumen, eine Machbarkeitsstudie (Volumen auf dem Areal) mit einer Baukostenschätzung (+/– 20%) erstellt. Dies war wichtig um auszuweisen, dass die gewählte Strategie auf dem Areal umsetzbar ist. Die Baukostenschätzung wiederum lieferte wichtige Zahlen für das Teilprojekt «Betriebswirtschaftliche Analyse mit Finanzplan 2030».

Teilprojekt betriebswirtschaftliche Analyse mit Finanzplan 2030
Definierte Ziele innerhalb der betriebswirtschaftlichen Analyse waren ein detaillierter «Finanzplan 2022 – 2030» und vertieften Abklärungen über die Mittelbeschaffung mit Eckwerten der eigenständigen Finanzierung.

Der «Finanzplan 2022 – 2030» wurde von einer interessierten Pensionskasse, welche im Gesundheitsbereich
tätig ist, im Benchmark mit anderen Heimen geprüft. Sie kam zum Schluss, dass der Finanzplan zurückhaltend berechnet wurde und aus ihrer Sicht noch höhere Umsatzzahlen und Einsparungen möglich wären. Eine Realisierung wurde allseitig als möglich und sinnvoll eingeschätzt.

Politischer Prozess bis zur Volksabstimmung
2021 entschied der Gemeinderat Rafz, den vierjährigen Abklärungsprozess in die Realität umzusetzen und legte dem Souverän mit einer «Verordnung über die Ausgliederung und Umwandlung des Alters- und Pflegeheimes Peteracker in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft» eine Vorlage zur Abstimmung vor. Am 13. Februar 2022 stimmten fast 80% der Abstimmenden der Vorlage zu. Die lange Planungszeit hatte sich also gelohnt.

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Interview mit der zuständigen Gemeinderätin Soziales, Ursula Wischniewski

Warum wurde vor vier Jahren in Rafz ein Strategieprozess zum Alters- und Pflegeheim gestartet?
Das Alters- und Pflegeheim Peteracker ist in die Jahre gekommen. Die Anlage ist veraltet, entspricht nicht mehr den Vorschriften sowie den Bedürfnissen der Bewohnenden. Im Jahr 2013 wurde an der Gemeindeversammlung ein Baukredit für eine Demenzwohngruppe und Renovationsarbeiten abgelehnt. Die Bevölkerung forderte eine Gesamtsicht, ein Konzept über das Areal Peteracker.

Heute, vier Jahre später, hat die grosse Mehrheit der Rafzerinnen und Rafzer dem Projekt «Ausgliederung Heim in eine gemeinnützige AG» zugestimmt. Welchen Weg sind Sie seit dem Strategieprozess gegangen?
Nach den intensiven Strategiediskussionen und der Perspektive der nötigen Investitionen für ein zukunftsgerichtetes Wohn- und Pflegzentrum hat es die Gemeinde als nötig erachtet, eine Rechtsformüberprüfung vorzunehmen zur Ausgliederung der gemeindeeigenen Institution in eine eigenständige Trägerschaft. Man wollte aufzeigen, wie die Auswirkungen sind für das Heim und die Gemeinde. Zusätzlich wurde eine betriebswirtschaftliche Analyse erstellt um sicherzustellen, dass die eigenständige Gesellschaft finanziell lebensfähig ist.

Was waren die entscheidenden Erfolgsfaktoren für den positiven Entscheid zum Gesamtprojekt?
Mit den verschiedenen Abklärungen konnten wir aufzeigen, welche Möglichkeit und welcher Finanzbedarf auf dem Areal Peteracker besteht und welche Trägerschaftsform sich am besten eignet für das Heim, die Politische Gemeinde und die Rafzer Bevölkerung. Der vierjährige Prozess, bei dem wir in allen Anspruchsgruppen Abklärungen getroffen haben, hat sich durchaus gelohnt.

Wie geht die Umsetzung nun weiter?
Die Gemeinde Rafz überführt das gemeindeeigene Alters- und Pflegeheim Peteracker rückwirkend per 1. Januar 2022 in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft. Für die «Wohnen und Pflege Peteracker AG» wird der Verwaltungsrat von der Generalversammlung (dem Gemeinderat Rafz) gewählt und die neue Gesellschaft wird gegründet. Für die umfangreiche Erneuerung und Erweiterung der Infrastruktur wird ein Architekturwettbewerb durchgeführt. Das neue Wohn- und Pflegezentrum sollte in vier Jahren bezogen werden können.

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